Die Rolle digitaler Medien im Prozess der islamistischen Radikalisierung und das diesbezügliche Präventionspotenzial des islamischen Religionsunterrichts
Eine Interviewstudie zu den subjektiven Theorien von Lehrenden an den Zentren und Instituten für Islamische Theologie
Schlagwörter:
Radikalisierung, Islamismus, digitale Medien, subjektive Theorien, qualitative ForschungAbstract
Der vorliegende Beitrag untersucht die subjektiven Theorien von Lehrenden an den Zentren und Instituten für Islamische Theologie in Bezug auf das Radikalisierungspotenzial digitaler Medien sowie auf das diesbezügliche Deradikalisierungspotenzial des islamischen Religionsunterrichts. Im Rahmen des Projekts UWIT wurden hierzu qualitative Interviews mit 26 Lehrenden aus den Studiengängen der Islamischen Theologie an elf der 13 Hochschulstandorte in Deutschland geführt. Diese Lehrenden bilden u. a. zukünftige Religionslehrer:innen für den islamischen Religionsunterricht sowie islamische Theolog:innen aus. Die subjektiven Theorien dieser Lehrenden sind besonders relevant, da sie empirisch evident handlungsleitend wirken und somit u. a. die Ausbildung sowie mittelbar die pädagogischen Zugänge der zukünftigen Religionslehrer:innen beeinflussen. Diese Lehrkräfte sind wiederum Multiplikator:innen, die in ihrer Tätigkeit die Perspektiven junger Muslim:innen prägen. Dem islamischen Religionsunterricht wird insofern oft eine zentrale Rolle bei der Prävention islamistischer Radikalisierung zugeschrieben, obwohl dies empirisch bisher nicht ausreichend erforscht ist. Die Studie zeigt, dass nicht alle befragten Lehrenden das Radikalisierungspotenzial digitaler Medien gleichermaßen wahrnehmen. Jene, die dieses Potenzial erkennen, problematisieren insbesondere die niedrigschwellige Zugänglichkeit und Anonymität digitaler Plattformen, die es islamistischen Gruppen ermöglichen, gezielt Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen. Sie betonen zudem die Gefahr der dualistischen Darstellung islamistischer Inhalte, die besonders ansprechend für Jugendliche in Krisensituationen ist.
Als Gegenmaßnahme sehen die Lehrenden den islamischen Religionsunterricht als ein potenziell wirksames Instrument zur Prävention an, sofern dieser lebensweltorientiert gestaltet ist und gezielt eine kritisch-reflexive Medienkompetenz fördert. Sie heben ferner die Notwendigkeit hervor, dass zukünftige Religionslehrer:innen diesbezügliche (Medien-)Kompetenzen während ihrer Ausbildung erwerben, um Jugendliche und junge Erwachsene effektiv darin zu unterstützen, islamistische Inhalte zu erkennen und kritisch zu hinterfragen.
Veröffentlicht
Ausgabe
Rubrik
Lizenz
Copyright (c) 2024 Zeitschrift für praxisorientierte (De-)Radikalisierungsforschung
Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International.