Christlicher Fundamentalismus in Deutschland
Bestandsaufnahme und pädagogische Implikationen
Schlagwörter:
Christlicher Fundamentalismus, Fundamentalistische Sozialisation, Christlicher Fundamentalismus in Deutschland, DemokratiebildungAbstract
Christlicher Fundamentalismus ist schon lange kein Randthema mehr. In den USA prägen fundamentalistische Akteur:innen zunehmend das gesellschaftliche und politische Bild (Whitehead u. a. 2018) und werden interdisziplinär analysiert. In Deutschland hingegen ist die Landschaft christlich-fundamentalistischer Gemeinschaften noch weitgehend unbeleuchtet. Dieser Beitrag untersucht daher zum einen Auftreten und Strukturen christlich-fundamentalistischer Strömungen in Deutschland. Zum anderen nimmt er darauf aufbauend durch einen analytischen Vergleich mit der Situation in den USA pädagogischen Ableitungen vor. Es wird gezeigt, dass christlicher Fundamentalismus in Deutschland besonders in zwei Strömungen zu unterteilen ist; eine klassisch-fundamentalistische und eine lifestyle-orientierte. Zur letzteren gehörende Gemeinschaften geben sich trotz rigiden fundamentalistischen Unterbaus modern und anschlussfähig und sprechen darum vor allem junge Menschen an; sowohl innerhalb klassisch-fundamentalistischer Milieus als auch darüber hinaus. Die zunehmende internationale Vernetzung über soziale Medien und sogenannte Christfluencer:innen führt zudem zu einer stärkeren öffentlichen Präsenz fundamentalistischer Narrative. Die Analysen verdeutlichen, dass fundamentalistische Epistemologie und dadurch auch Bildungsstrukturen häufig autoritäre Glaubens- und Führungsprinzipien, eine starke innergemeinschaftliche Fokussierung und Abgrenzung (Peels 2023, 741; Sivan 1995, 55) sowie die Ablehnung weltlicher und liberaler Werte, eine starke Komplexitätsreduktion und wissenschaftsskeptische Haltungen (Evans 2018, 163-166; Peels 2023, 743) aufweisen. Auch wenn sich die Entwicklungen im deutschen Bildungsbereich nicht unmittelbar mit dem US-amerikanischen Kontext vergleichen lassen, zeigt sich auch in Deutschland ein Gestaltungsanspruch fundamentalistisch geprägter Akteur:innen. Gerade im Kontext demokratischer Bildung wird sichtbar, dass autoritäre Strukturen und geschlossene Weltbilder der Förderung von Autonomie, kritischem Denken und pluralem Dialog entgegenstehen. Im Sinne einer Bildung, die Heranwachsende zu urteilsfähigen und mündigen Bürger:innen befähigen soll, gilt es, an dieser Schnittstelle mit christlichem Fundamentalismus verstärkt pädagogische Strategien und Konzepte weiterzuentwickeln.
Veröffentlicht
Ausgabe
Rubrik
Lizenz
Copyright (c) 2025 Zeitschrift für praxisorientierte (De-)Radikalisierungsforschung

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International.


